Gebärmutterhalskrebs Behandlung
Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom): Große Zentren bieten Vorteile, ganz besonders für junge Patientinnen mit Kinderwunsch
Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. med. Diethelm Wallwiener
(Ärztlicher Direktor der Universitätsfrauenklinik in Tübingen)
Maßnahmen zur Prävention, Früherkennung und bestmöglichen Behandlung
Eine Gebärmutterhalskrebserkrankung ist die einzige Tumorerkrankung der Frau, bei der es eine wirksame vorbeugende Therapie in Form der Impfung, gegen die Viren die am häufigsten Gebärmutterhalskrebs hervorrufen können, gibt. Da die Impfung bereits im 12.-14. Lebensjahr stattfinden soll, ist für die Frauen, die diese Möglichkeit nicht mehr haben, ein Screening in Form von regelmäßig angebotenen Zellabstrichen aus dem Bereich des Gebärmutterhalses sinnvoll und vorgesehen.
Fakten und Besonderheiten der Erkrankung
Jährlich erkranken ca. 4.700 Frauen an Gebärmutterhalskrebs und 1.500-1.600 Frauen sterben daran. Gebärmutterhalskrebs wird am häufigsten im Alter von 40-44 Jahren diagnostiziert, Vorstufen können allerdings schon im Alter von 20-30 Jahren auftreten. In Europa steht Gebärmutterhalskrebs an 5. Stelle aller Krebserkrankungen und an 7. Stelle der krebsbedingten Todesursachen.
Durch das Einführen des Screenings (frühzeitige und regelmäßige Abstrichkontrollen) konnte die Erkrankungshäufigkeit von 13,3 Erkrankungen/100.000 Frauen pro Jahr im Jahre 2002 auf 8,2 im Jahre 2010 reduziert werden. Die Häufigkeit für Vorstufen liegt allerdings um das 50-100-fache höher.
Was sollte man unternehmen, wenn bereits Zellveränderungen bestehen, gleichzeitig aber auch Kinderwunsch?
Hier ist eine gezielte weitere diagnostische Abklärung besonders wichtig, um keine Veränderung zu übersehen, aber auch keine Übertherapie zu riskieren. Es bietet sich an, sich in einem der zertifizierten Zentren für Kolposkopie und zur Erkennung von Dysplasien vorzustellen. Hier hat man die Gewissheit, dass unklare Befunde nochmals überprüft und weiter abgeklärt werden können. Eine wichtige Maßnahme ist dabei die sogenannte Kolposkopie, mit deren Hilfe es gelingt, unter dem Mikroskop und mit entsprechenden Färbetechniken Veränderungen im Bereich des Gebärmutterhalses rechtzeitig zu erkennen (Abb. 1, 2). Dabei können sowohl Zellabstriche, als auch gezielt eine kleine Gewebeprobe entnommen werden, die rasch eine feingewebliche Diagnose liefern. Erst dann sollte über weitere Therapiemaßnahmen nachgedacht werden. Wichtig ist, da diese Zellveränderungen vor allen Dingen bei jungen Frauen vorkommen, die Gebärfähigkeit zu erhalten.
Was ist zu unternehmen, wenn es tatsächlich schon zu einer Krebserkrankung gekommen ist?
Bedingt durch die Möglichkeiten eines genauen Screenings, durch die genannten Maßnahmen und auch die Erfassung inwieweit die Veränderung durch die gefährlichen krebsauslösenden Viren HPV16 und HPV18 verursacht ist, gelingt es Gebärmutterhalskrebserkrankungen bei regelmäßiger Teilnahme an den Screeninguntersuchungen in einem frühen Stadium zu erkennen.
Welche Faktoren sind wesentlich, wenn es bereits zu einer Gebärmutterhalskrebserkrankung gekommen ist? Worauf sollte bei der Wahl der Klinik geachtet werden?
Beim eindeutigen Nachweis einer Krebserkrankung ist es wichtig, bereits vor Behandlungsbeginn, d. h. vor Planung eines operativen Eingriffes, das genaue Ausmaß bzw. die Ausdehnung der Erkrankung zu erfassen. Wichtig ist dabei, dass ein erfahrenes Ärzteteam klinisch und auch durch Einsatz bildgebender Verfahren das Tumorstadium exakt bestimmen kann. Hier sind es vor allen Dingen auch zertifizierte gynäkologisch-onkologische Zentren, die über die entsprechende Erfahrung verfügen. Wesentlich ist in jedem Falle eine CT- oder kernspintomographische Untersuchung des Bauchraumes und des kleinen Beckens, wenn es sich möglicherweise um eine Erkrankung handelt, die den primären Ursprung Gebärmutterhals bereits verlassen hat.
Um exakt festzulegen, ob eine primäre Bestrahlung oder eine durch Chemotherapie unterstützte Bestrahlung oder eine Operation zu empfehlen ist, sind auch hier die Experten gefragt. In jedem Falle sollte an die gynäkologische Klinik bzw. Abteilung eine strahlentherapeutische Abteilung bzw. Klinik angebunden sein, um interdisziplinär auch fortgeschrittene Tumorstadien behandeln zu können. Um das Ausmaß der Erkrankung zu erfassen ist es wichtig, nicht selten auch eine Bauchspiegelung durchzuführen und die Lymphknoten hinter dem Bauchraum zu untersuchen. Erst dadurch kann in fortgeschrittenen Tumorstadien leitliniengerecht behandelt werden.
Die Möglichkeit der Bauchspiegelung durch versierte Operateure sollte ebenfalls von der Patientin hinterfragt werden, da damit unnötige operative Eingriffe größeren Ausmaßes vermieden werden können. Des Weiteren, wie bereits beim Mammakarzinom mittlerweile routinemäßig eingesetzt, besteht für den Gebärmutterhalskrebs in gleicher Weise die Möglichkeit, eine „Wächter- (Sentinel-Node)“-Region zu definieren und diese gezielt nach intraoperativer Lokalisation zu entfernen. Diese Methode ermöglicht eine adäquate Erfassung des Krankheitsstadiums unter Verzicht auf eine ausgedehnte Ausräumung der Lymphknoten und führt zu einer wesentlichen Reduktion der peri- und postoperativen Morbiditätsrate.
Wenn ich noch Kinderwunsch habe, wo kann ich mich hinwenden wenn eine Gebärmutterhalskrebserkrankung entdeckt wurde?
Große Zentren bieten vereinzelt sogar die Möglichkeit an, Tumorerkrankungen im Anfangsstadium nicht über einen Bauchschnitt sondern über die Knopflochchirurgie (laparoskopisch bzw. endoskopisch) durchzuführen. Sie sollten sich in jedem Falle informieren, an welchen Zentren dies möglich ist.
In punkto Kinderwunsch sollte man sich ebenfalls orientieren, an welchen Zentren die operative Technik der sogenannten „Trachelektomie“ angeboten wird und in welchen Zentren ausreichend Erfahrung damit besteht. Diese Methode beinhaltet ein Ausschneiden wesentlicher Anteile des Gebärmutterhalses aus dem Bereich der Gebärmutter. Es wird allerdings soviel Gewebe und vor allen Dingen der obere Abschnitt der Gebärmutter erhalten, sodass hinterher eine Schwangerschaft normal möglich ist.
Dies gelingt natürlich nur in Anfangsstadien der Erkrankung, neben den operierenden Gynäkologen ist natürlich auch ein erfahrener Pathologe im entsprechenden Zentrum zu Rate zu ziehen. Eine Entfernung des erkrankten Gewebes im Gesunden ist Voraussetzung. Nach erfolgreich abgeschlossener Schwangerschaft ist in jedem Falle eine komplette Entfernung der Gebärmutter anzuraten.
Was sollte unternommen werden, wenn bei Erstdiagnose von einer Operation abgeraten und eine kombinierte Bestrahlung mit Unterstützung einer Chemotherapie empfohlen wird?
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Therapieansätze sollte auch hier ein Zentrum gewählt werden, in dem sowohl operiert als auch eine Strahlentherapie durchgeführt werden kann. Hier geht es darum, beide Behandlungsschritte exakt aufeinander abzustimmen und die einzelnen Therapieschritte jeweils auch nach Therapieansprechen zu koordinieren. Nicht selten muss mit einer sogenannten kombinierten Chemotherapie und Bestrahlung (Radiochemotherapie) begonnen werden. Ist diese erfolgreich abgeschlossen, sollte in jedem Falle nochmals eine Entfernung der Gebärmutter diskutiert werden. Wird dies nicht spontan angeboten, sollte auch hier eine Zweitmeinung zu Rate gezogen werden.
Woran kann ein Patient eine gute Klinik erkennen, um dort ein optimales Behandlungsergebnis zu erhalten?
Da nicht verlangt werden kann, dass das komplette breite Spektrum an allen Kliniken angeboten wird, ist es wichtig, dass die einzelne Klinik jeweils einen guten Ansprechpartner im Hintergrund hat, der gern bereit ist, einen Rat zu erteilen bzw. den Patientinnen auch die Möglichkeit einräumt, eine Zweitmeinung einzuholen.
Insbesondere in besonderen Fällen wie junge Patientinnen mit Kinderwunsch wäre durch die Möglichkeiten der Vernetzung mit großen Zentren es in jedem Falle für die Patientin von Vorteil, dort einen Rat einzuholen und ggf. auch dann die Therapie zumindest den operativen Part dort durchführen zu lassen. Es ist deshalb wichtig die Patientinnen in dieser Situation über Möglichkeiten wie Durchführung des Eingriffs in Form einer Knopflochoperation (Laparoskopie), aber auch über den Organerhalt und noch erfüllbaren Kinderwunsch zu informieren. Leider wird zu oft auf eine rasche operative Behandlung gedrängt, ohne den Patientinnen die Möglichkeit einzuräumen sich detailliert Informationen für den speziellen Krankheitsverlauf einzuholen. Patientinnen sollten auch danach fragen inwieweit es sich um ein zertifiziertes Organzentrum handelt (speziell für gynäkologische Onkologie).
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